April 2008 Umweltbrief.org + Das Ende der Mittelschicht + Vertrauenskrise-Kapitalismus - der große Ausverkauf + Die Party auf Kosten der Zukunft ist vorbei Das Ende der Mittelschicht __________________________ Parteien drängen sich gerne um die Mitte, Marketingabteilungen haben die Mittelschicht fest im Blick; doch die Mittelschicht Deutschlands beginnt zu verschwinden. 5 Millionen Deutsche sind aus dieser schon nach unten rausgefallen. In ihrem aktuellen Wochenbericht stellt das Deutsche Insitut für Wirtschaftsforschung in der Überschrift trocken fest: "Schrumpfende Mittelschicht". Dazu die Fakten: Die Schicht der Bezieher mittlerer Einkommen ist in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich geschrumpft. Ihr Anteil an der gesamten Bevölkerung ging von 62% im Jahr 2000 auf 54% 2006 zurück. Entsprechend gestiegen ist der Bevölkerungsanteil an den Rändern der Einkommensverteilung, wobei in der Mittelschicht die Abwärtsmobilität stärker ausgeprägt war als der Aufstieg in höhere Einkommensklassen. Auch wenn sich der konjunkturelle Aufschwung im Jahr 2007 fortgesetzt hat, dürfte sich an der relativen Einkommenssituation in der Mitte der Gesellschaft nur wenig verändert haben. Parallel zur Entwicklung der objektiven Einkommenslage zeigt sich eine deutliche Veränderung der subjektiven Wahrnehmung der Bevölkerung: Über alle Einkommensschichten hinweg ist festzustellen, dass die „Sorgen um die eigene wirtschaftliche Entwicklung“ zugenommen haben. (Quelle Zitat: Wochenbericht Nr. 10/2008, DIW-Berlin). 14% der Mittelschicht 2002 befand sich bereits 2006 armutsgefährdet, Trend stark steigend. Die Reaktionen auf den Befund sind vielfältig: Attac Deutschland sieht dies als ein klares Resultat des Neoliberalismus, andere wiederum, dass die Steuerlast in Deutschland zu hoch sei und nun endlich eine Entlastung des Mittelstandes erfolgen solle. Vom wirtschaftlichen Aufschwung haben die Deutschen nicht viel, können sich immer weniger leisten. Das Nettoeinkommen eines durchschnittlichen Haushalts ist in den vergangenen drei Jahren stetig gesunken. Dabei besitzen jetzt schon 10% der Bevölkerung rund 60% des Gesamtvermögens. Eine adäquate Umverteilung scheint also nicht stattzufinden, auch nicht in Aufschwung-Zeiten. So schwindet langsam, aber sicher die Kaufkraft der Mehrheit. Die Zerreibung der Mittelschicht bringt große Gefahren mit sich, denn nur von der Besitzelite kann keine Volkswirtschaft existieren! Vertrauenskrise-Kapitalismus - der große Ausverkauf ___________________________________________________ Man muss kein Marxist sein, um zu sehen, dass es um die kapitalistische Verheißung derzeit nicht gut bestellt ist. Der Beinahe-Crash des Finanzsystems gibt all jenen recht, für die die unsichtbare Hand des Marktes nur deshalb unsichtbar ist, weil es sie gar nicht gibt. Nun ist die Ratlosigkeit groß. Noch gestern wollten die ökonomischen Eliten den Staat zum Hilfskellner im Kasino-Kapitalismus degradieren; heute rufen sie kleinlaut nach seiner helfenden Hand, damit er brav ihre Zeche zahlt. In der Tat, niemand anderes als Josef »Victory« Ackermann, Chef der Deutschen Bank, hat mit seinem spektakulären Eingeständnis das neoliberale Dogma von der Klugheit des Marktes in Trümmer gelegt: »Ich glaube nicht allein an die Selbstheilungskräfte der Märkte.« Bislang galt das goldene Motto, wachsende Gewinne produzierten eine wachsende Zahl von Arbeitsplätzen und nach der kurzen Nacht der Stagnation folge der strahlende Morgen des Aufschwungs. Nichts anderes haben rot-grüne Agenda-Politiker und ihre Unternehmensberater dem Wahlvolk ins Ohr posaunt. Man müsse nur den Gürtel enger schnallen und Profite wieder wachsen lassen, dann werde man reich belohnt. Tatsächlich wächst heute beides gleichzeitig, sowohl die Rendite wie auch die Unterschicht. Bislang konnte sich der Kapitalismus damit rechtfertigen, seine psychosozialen Kosten, die Produktion von Angst und Ungewissheit, seien, aufs Ganze gesehen, vernünftig und dem Gemeinwohl zuträglich. Doch inzwischen macht nicht einmal mehr das lang ersehnte Wachstum glücklich, wie die freudlose Freude am Aufschwung beweist. Wenn die Demokratie durch ihre langen Entscheidungsketten das Wachstum bremst und soziale Spaltung befördert, dann müssen wir über diese Regierungsform neu nachdenken. Mehr bei http://www.zeit.de/2008/14/Vertrauenskrise-Kapitalismus Die gesellschaftlich geforderte Gier nach mehr macht uns alle zu Gejagten. Die Party auf Kosten der Zukunft ist vorbei ___________________________________________ Das vergötterte Wachstum zieht die Menschheit ökologisch in den Abgrund und reißt neue soziale Gräben auf. Erderwärmung, Rohstoffknappheit oder Energiekrise - eine Verlängerung des bisherigen Naturverbrauchs mündet in einer Klimakatastrophe, in der Ressourcenkriege Realität werden. Die Zeit billiger Energie und Rohstoffe ist vorbei, es drohen verschärfte Verteilungskonflikte und neuer Beschäftigungsabbau. In vielen Gesellschaften werden sich die sozialen Gräben vertiefen. Nachdem Klimaschutz 2007 Thema des Jahres war, droht er mit der heraufziehenden Rezession wieder nach hinten geschoben gereicht zu werden. Dabei ist gerade die ökologische Modernisierung der Schlüssel für eine gute Zukunft. Nicht weniger als eine grundlegende Neuorientierung ist notwendig, denn die Ökonomie wird auf die gleiche Weise erschüttert wie die Umwelt zerstört: durch Auszehrung. Mit der Globalisierung ist die Ökonomie gieriger, härter und anonymer geworden. Unter dem Kommando der Kapitalmärkte ist unsere Zeit eine Zeit der gnadenlosen Beschleunigung. Das 21. Jahrhundert wird entweder ein Jahrhundert der Verteilungskonflikte und Gewalt oder es wird ein Jahrhundert der Nachhaltigkeit. Nur eine nachhaltige Entwicklung kann zu einer drastischen Reduktion des Ressourcenverbrauchs und mehr Beschäftigung führen. Die Ökonomie muss sich daran messen lassen, ob sie ökologische und soziale Ziele verwirklicht. Mehr bei http://www.wir-klimaretter.de/?option=com_content&task=view&id=705