September 2003 Umweltbrief.org Öffentliche Versorgungseinrichtungen ____________________________________ "Ein Loch ist im Eimer" - die Verpfändung unserer Zukunft (und die unserer Kinder) Um sich Geld zu beschaffen, macht der deutsche Staat immer mehr Schulden. Vor kurzem erklärte der Bundesfinanzminister, die Bundesrepublik D. musse weitere 10 Milliarden aufnehmen, weil ein entsprechendes Loch im Haushalt klaffe. Um sich Geld zu beschaffen, veräußert die öffentliche Hand auch Staatseigentum, wie die Telekom, die Feuerkassen, Gaswerke, Elektrizitätswerke, Wasserwerke etc. und manchmal sogar Rathäuser! Was wegen der Versorgung der Bevölkerung eigentlich unverkäuflich ist, wie die Stadtentwässerung in Hamburg, wird nun oftmals verpfändet. Verpfändungen werden von der Bevölkerung kaum wahrgenommen, da sie nicht leicht zu durchschauen sind: Städte und Gemeinden verpfänden die Nutzung einer öffentlichen Versorgungseinrichtung einer meist ausländischen Bank als Sicherheit dafür, dass eine deutsche Bank der ausländischen Bank einen bestimmten Betrag nach einer bestimmten Zeit zahlt, weil die ausländische Bank der deutschen Bank einen geringeren Betrag zum Zeitpunkt der Verpfändung zahlt, und die deutsche Bank zahlt der Stadt oder Gemeinde von diesem geringen Betrag einen kleinen Betrag zum Zeitpunkt der Verpfändung als einmaliges Entgeld für die Verpfändung. Damit die Stadt oder Gemeinde die Nutzung der öffentlichen Einrichtung verpfänden kann, vermietet sie die öffentliche Einrichtung einer Firma für längere Zeit und mietet sie sogleich wieder von dieser Firma für kürzere Zeit. Die Firma wiederum überträgt ihre Rechte aus dem Mietvertrag der ausländischen Bank zur Sicherheit. So bekam z.B. die Hamburger Stadtentwässerung 51,9 Mio. DM im Jahre 2000, weil sie ihr Klärwerk im Wert von 1,6 Milliarden DM durch eine US Crossborder-Lease-Transaktion vermietete und zurückmietete und erhöhte damit ihr Eigenkapital. An solchen Geschäften verdienen - Makler, die das Geschäft vermitteln, - Gutachter, die den Wert der öffentlichen Versorgungseinrichtung schätzen, - Rechtsanwälte, die rechtliche Fragen zum deutschen und ausländischen Recht klären, - Berater (hier "Arrangeure" genannt), die wirtschaftlich partizipieren, die Unternehmen, die die öffentliche Einrichtung mieten und zurückvermieten und last not least - die Banken, die erwarten, in 10 Jahren den doppelten Betrag zurück zu bekommen. Städte und Gemeinden, die solche Geschäfte eingehen, denken offensichtlich, das Entgeld für die Verpfändung sei leicht verdient. Jedoch gehen sie dabei ein hohes Risiko ein; die Banken könnten in 10 Jahren in Schwierigkeiten und hoch verschuldet sein (genauso wie die Kunden der Banken, die oft schon jetzt ihre Schulden nicht mehr tilgen können) und die Städte und Gemeinden vergeben sich die Möglichkeit, später in einem wirklichen Notfall sich Geld durch Verpfändungen zu beschaffen. Und aus einem 200 Millionen-Geschäft partizipiert die Stadt gerade mal mit 5 Mio. (2,5%), wenn 10 Jahre lang alles gut geht. Die Verwaltung von Städten und Gemeinden und selbst in Bundesministerien besteht aus Beamten und willkürlich zusammengewählten Politikern; es gibt kaum echte Finanzexperten (also Leute, die wirklich gelernt haben, mit Besitz und Geld umzugehen). Laien verwalten unsere Steuergelder nach gutdünken und manchmal auch nach Gutherrenart. Diese Tatsache erklärt, warum die öffentliche Finanzverwaltung so durch und durch inkompetent ist, warum man auf "windige" Arrangeure hereinfällt und warum dem Staat immer mehr Geld dahinrinnt, als eingenommen wird ("Ein Loch ist im Eimer"). Die Verschuldung des Staates ist ein sicherer Weg, um ein reiches Land in die Armut zu führen, wie in Argentinien bereits geschehen. Quellen: Geschäftsbericht 2000 der Hamburger Stadtentwässerung Hamburger Grundeigentum 7/2003 Kommunalwirtschaft 2001/534 Siehe dazu auch "Nein zu GATS"