Oktober 2008 Umweltbrief.org Die Mobilität von morgen ________________________ Unser derzeitiges Wirtschafts- und Mobilitäts-System funktioniert nur bei moderaten Energiepreisen. Doch diese bewegen sich unaufhaltsam nach oben, weil immer mehr Menschen immer mehr Energie verbrauchen und fossile Energien endlich sind. Weniger ein wirksames Umweltbewusstsein, sondern die gestiegenen Spritpreise zeigen bereits Wirkung. "Persönlich verstehe ich nicht, warum es das globale Ideal ist, eine stetig steigende Anzahl Autos zu bauen, was den Bau von mehr Straßen und Autobahnen und damit wiederum die unumkehrbare Zerstörung unseres Landes voraussetzt. Sind wir vielleicht glücklicher, fröhlicher, zufriedener? Ganz und gar nicht. Wir sind ruhelos, erschöpft und müde, eilen unaufhörlich von einem Ort zum anderen." (Vaclav Havel, Autor und ehemaliger Präsident der Tschechischen Republik) Die Mobilität von morgen wird sich grundsätzlich von der Mobilität von heute unterscheiden. Entschleunigung wird zum geflügelten Wort werden. Ebenso Domotik, eine neue Häuslichkeit: vieles wird zu Haus per Computer erledigt, damit man nicht so mobil sein muss. Pendler wird es schon bald kaum noch geben; man zieht dort hin, wo man arbeitet. Dadurch gewinnt man auch viel mehr wertvolle Lebenszeit! Flugreisen werden schon wegen des hohen und immer höher steigenden Ölpreises sehr stark zurückgehen, denn nur sehr Wohlhabende werden sie noch bezahlen können. Dafür wird wieder mehr Fahrrad gefahren und die Straßen müssen dementsprechend angepasst werden. Als Verkehrsmittel steht es für urbane Lebensqualität, es senkt die Kosten für Mobilität und wirkt gesundheitsfördernd. Gerade in großen Städten kann das Fahrrad noch weit mehr motorisierte Fahrten ersetzen, da über 40% der täglich zurückgelegten Distanzen weniger als 5 km betragen. Pedalacs (Räder mit Antriebsunterstützung) und E-Bikes (Räder mit Hilfsmotor) werden der Hit sein, denn die Motoren reagieren per Sensortechnik auf bloßes Antippen. Viele haben gar keine Lust mehr Auto zu fahren, weil es mühsam ist: Stress, Staus, Parkplatznot etc. Urlaubsreisen werden vorwiegend in der Region stattfinden. Dabei kommt der Bahn wieder eine stärkere Rolle zu. In der Seefahrt werden sich Windschiffe durchsetzen, die zusätzlich und vermehrt die Kraft des Windes nutzen. Wochenendtrips und Fernreisen wird es kaum noch geben. Neue und breitere Straßen werden nicht gebraucht: Der oft prognostizierte Anstieg des Güterverkehrs wird aufgrund des teuren Öls stagnieren, denn alles, was weite Wege hinter sich hat, ist zu teuer für Normalverbraucher/innen. Der regionale Wirtschaftskreislauf wird dadurch enorm gestärkt. Schlechte Zeiten für Speditionen, die sich kaum noch die Spritkosten leisten können und daher auch nicht mehr konkurrenzfähig sind. Die Autobahnen werden schon dadurch deutlich leerer. Auch hier wird eine effizientere Bahn einspringen müssen. Und auch die Binnenschifffahrt: sie ist momentan das Verkehrsmittel mit dem geringsten Energieverbrauch. Im Massenguttransport verbrauchen deutsche Frachter und Schubverbände 67% weniger Energie als Laster und 35% weniger als die Bahn. Verschiedene Umweltverbände gehen davon aus, dass der Lkw-Verkehr und die damit verbundene Feinstaubbelastung rund 50% am Gesamtaufkommen der Emissionen in Deutschland ausmacht. Wer längere Strecken zurücklegen will, fährt sinnvollerweise mit der Bahn. Das werden auch Geschäftsleute wiederentdecken, denn die Bahn fährt einen entspannt von Stadtzentrum zu Stadtzentrum. Autofahren wird bald nur noch elektrisch geschehen können, denn durch die deutlich höhere Energieeffizienz ist es nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch einfach billiger. Für herkömmliche Fahrzeuge wird zudem teure Citymaut fällig. Spritschlucker werden bald nicht mehr steuerlich absetzbar sein. Gefragt sind kleine City-Flitzer wie z.B. der vollständig recycelbare und elektrisch betriebene "Phylla". Er ist zwar "nur" 130 km/h schnell, aber mehr ist aufgrund der weiter steigenden Energiepreise und des sicher kommenden Tempolimits (sogar in Deutschland) ohnehin nicht mehr möglich. Wer ein größeres Fahrzeug will, kann das Gratis-Leasing-Elektroauto von Anbietern wie "Better Place" nutzen, das sich in einer Minute per Batterietausch wieder aufladen lässt. Hybrid-Fahrzeuge werden allenfalls eine Übergangslösung darstellen. Jeder Dritte überlegt bereits jetzt den Kauf eines Elektroautos. > Architekten und Bauplaner sollten also schon jetzt bei Städteplanung, Neubauten und Umgestaltungen möglichst viele Strom-Tankmöglichkeiten für Elektrofahrzeuge einplanen! Die Pkw von heute, die mehr als 10 Liter in der Stadt verbrauchen, werden schon in sehr wenigen Jahren für Normalbürger/innen weder zu betreiben sein (Spritpreise, CO2-Steuer etc.), noch wird man sie dann mehr verkaufen können. Wir werden es also in Kürze mit einer enormen Menge von Autos zu tun haben, die aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen nicht mehr betrieben werden können. Hoffentlich wird es für diese Fahrzeuge dann günstige Umrüstsätze auf Elektrobetrieb geben, denn man kann ja schon aus Ressourcengründen nicht alle jetztigen Autos einfach wegwerfen. Mehr bei http://www.worldclassexotics.com/Electriccarconv.htm http://www.pressetext.de/pte.mc?pte=081002002 Unser Tipp: Auch wenn die Autofirmen schon mit Rabatten von über 20% locken, warten Sie mit dem Autokauf bis 2010 oder 2011, denn ab dann wollen selbst die großen Autokonzerne erste passable Elektroautos auf den Markt bringen. Weiterführende Links: http://www.heise.de/tp/blogs/2/115590 http://www.windschiffe.de/ http://www.carbodydesign.com/archive/2008/05/27-phylla-concept http://eaaeurope.org/article_shai_agassi_ams_17_2008.pdf http://www.betterplace.com http://www.oilcrash.com http://plugingermany.wordpress.com