März 2002 Umweltbrief.org Luftautos _________ Ein neuer Autotyp wird von Druckluft antrieben - 2 Euro kostet eine Tankfüllung. Formel-Eins-Fans sind mit dem Konzept vertraut, denn Druckluft wird schon länger in Rennwagen verwendet. Ironischerweise hat aber nun ein französischer Ingenieur der Formel Eins den Rücken gekehrt, um aus der Technik für die Benzinschlucker ein wahrhaftig umweltfreundliches Auto zu machen, das auch in Deutschland angeboten wird. Die Idee hinter dem Luftauto ist einfach: Der Energieträger ist Druckluft, die den Motor mit rund 30 PS vorantreibt. Das Auto schafft über 100 km/h bei einer Reichweite zwischen 100-200 km, je nach Fahrstil. Das Familienmodell bietet Platz für 5 und obendrein noch viel Platz für Gepäck; das Auto gibt es auch als Pick-Up, Van und Taxi. Da es noch jede Stunde getankt werden müsste, wenn man auf der Autobahn Vollgas gibt, wird seine Verwendung wohl fürs Erste auf den Innenstadtbereich und auf kurze Strecken beschränkt bleiben. Der Tank besteht aus vier Druckluftflaschen, die innerhalb von 2-3 Minuten von einer Druckluftsäule vollgetankt werden können, während der im Auto eingebaute Kompressor die Tankfüllung mit Strom von einer gewöhnlichen Steckdose (hoffentlich Ökostrom!) in 4 Stunden schafft. Dass das Luftauto umweltfreundlicher als Benzin- und Diesel-betriebene Autos ist, liegt auf der Hand: Aus dem Auspuff kommt nur Umgebungsluft. Das bedeutet jedoch nicht, wie man annehmen könnte, dass diese Luftautos keine Schadstoffe verursachen würden. Man könnte das Luftauto mit der Wasserstoff-betriebenen Brennstoffzelle vergleichen, die in einigen Jahren serienreif für die Automobilwelt sein soll: Die Schadstoffe entstehen dort, wo die Energie für die Druckluft (oder den Wasserstoff) generiert wird. Meistens werden diese Schadstoffe also von Kraftwerken außerhalb der Stadt statt in der Stadt selbst hervorgerufen. Wenn aber dieser Strom für die Druckluft durch erneuerbare Energien wie z.B. Windanlagen, Biomasse-Kraftwerken, oder Photovoltaik-Anlagen erzeugt wird, werden die Luftautos zu echten Null-Emissionen-Autos. Das beliebte City El ist hingegen nur halb so teuer wie das Luftauto, hat aber nur einen Sitzplatz und fährt auch nur halb so schnell und weit. Ähnliches gilt für den Zweisitzer Twike aus der Schweiz, der 15-20.000 Euro kostet bei einer mit dem Luftauto vergleichbaren Reichweite und Höchstgeschwindigkeit. Auch bei den Fahrtkosten haben die Luftautos die Nase vorn: Die Energie für eine Tankfüllung Druckluft kostet weniger als 2 Euro - die Luft natürlich mitgerechnet. Obwohl Elektrofahrzeuge ähnliche Fahrtkosten pro 100 km aufweisen, müssen deren Batterien irgendwann ersetzt werden, und das geht ins Geld - von den Umweltbelastungen ganz abgesehen. Ein neues Geschäftsmodell zum neuen Autotyp: Guy Nègre baut seine Marketingstrategie jedoch nicht alleine auf den Umweltvorteilen seines Autos auf: "Ich glaube nicht, dass die Menschen bereit sind, mehr für umweltfreundliche Produkte auszugeben." Deshalb betont er die Preisvorteile. "Die neuen Autos sind alle zu groß, zu schwer, und verbrauchen zu viel Energie. Wenn man Energie sparen will, muss man das Gegenteil dessen machen, was die Autokonstrukteure heute machen. Man muss leichte Autos bauen, einfache Autos, die nicht so schnell fahren." Die Firma von Herrn Nègre, MDI, verkauft neben den Autos auch ganze Produktionsstätten. Deshalb muss niemand alleine das Kapital für Dutzende von Produktionsstätten aufbringen; jeder Standort wird separat finanziert. Diese Verteilung des Kapitals ist deshalb notwendig, weil kein Automobilhersteller bisher Interesse gezeigt hat. Und trotzdem hat Nègre heute schon 62 Produktionsstätten verkauft, 10 davon in Italien mit einer gesamten Produktionskapazität von 6.000 Fahrzeugen im Jahr. Hunderte sollen weltweit in den nächsten Jahren folgen. Jenseits des großen Teichs plant man einen Taxifuhrpark in Mexico City. Die Resonanz ist anscheinend überwältigend. Die Nachfrage übertrifft die Erwartungen. Bleibt abzuwarten, ob sie auch befriedigt werden kann, wenn die Produktion dieses Jahr beginnt. Zuerst sollen Firmen mit großen Fuhrparks beliefert werden, dann kommen umweltbewusste Endkunden dran. Die italienische Post hat sogar schon Sondermodelle bestellt. Craig Morris Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/11812/1.html Links: http://www.motordeaire.com http://www.aircar.ag/ http://www.thinkmobility.com/ http://www.cityel.com/ http://twike.com/ http://www.mdi.lu